6.5 Bollinger Bänder

6.5 Bollinger Bänder: Volatilität und Preisgrenzen

Bollinger Bänder, entwickelt von John Bollinger in den 1980er Jahren, sind ein volatilitätsbasierter Indikator, der dynamische Unterstützungs- und Widerstandszonen um den Preis herum zeichnet. Sie passen sich automatisch an die aktuelle Marktvolatilität an.

Aufbau der Bollinger Bänder

Mittleres Band = SMA (20 Perioden)
Oberes Band = SMA + (2 × Standardabweichung)
Unteres Band = SMA - (2 × Standardabweichung)

Standardeinstellung: 20 Perioden, 2 Standardabweichungen

                Oberes Band
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    ───╱────────╲────╱─────────────╲─── Mittleres Band (SMA 20)
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                Unteres Band
    
    Breite = Volatilität
    Enge Bänder = Niedrige Volatilität (Squeeze)
    Weite Bänder = Hohe Volatilität

Die Schlüsselkonzepte

1. Der Squeeze (Zusammenziehung)

• Bänder werden eng = niedrige Volatilität
• Oft Vorbote einer starken Bewegung
• „Die Ruhe vor dem Sturm“
• Je länger der Squeeze, desto stärker der folgende Ausbruch

2. Die Expansion (Ausdehnung)

• Bänder werden breit = hohe Volatilität
• Starker Trend oder Panik im Gange
• Erschöpfung möglich, wenn Bänder extrem weit

3. Walking the Bands

• Preis „läuft“ am oberen Band entlang = starker Aufwärtstrend
• Preis „läuft“ am unteren Band entlang = starker Abwärtstrend
• Kein automatisches Verkaufs-/Kaufsignal!

Bollinger Band Trading-Signale

Signal 1: Squeeze-Breakout

SETUP:
1. Bänder ziehen sich zusammen (Squeeze)
2. Preis bricht aus dem Squeeze aus
3. Breakout-Richtung bestimmt die Position

EINSTIEG:
- Long bei Ausbruch über oberes Band mit Schlusskurs
- Short bei Ausbruch unter unteres Band mit Schlusskurs

STOP:
- Auf der anderen Seite des Squeeze oder am mittleren Band

Signal 2: Bollinger Bounce (Range-Trading)

• In Seitwärtsmärkten fungieren Bänder als S/R
• Kaufen am unteren Band (mit Bestätigung)
• Verkaufen am oberen Band (mit Bestätigung)
• Wichtig: Nur in klaren Ranges, nicht in Trends!

Signal 3: W-Boden mit Bollinger

1. Preis testet unteres Band (Tief 1)
2. Erholung zum mittleren Band
3. Zweites Tief, aber nicht unter das untere Band
4. Breakout über das Zwischenhoch = Kaufsignal

Signal 4: M-Top mit Bollinger

1. Preis testet oberes Band (Hoch 1)
2. Korrektur zum mittleren Band
3. Zweites Hoch, aber nicht über das obere Band
4. Breakdown unter das Zwischentief = Verkaufssignal

Die %B-Kennzahl

Zeigt, wo der Preis relativ zu den Bändern steht:

%B = (Preis - Unteres Band) / (Oberes Band - Unteres Band)

Interpretation:
- %B > 1: Preis über dem oberen Band
- %B = 1: Preis am oberen Band
- %B = 0,5: Preis am mittleren Band
- %B = 0: Preis am unteren Band
- %B < 0: Preis unter dem unterem Band

Bandwidth: Volatilität messen

Bandwidth = (Oberes Band - Unteres Band) / Mittleres Band × 100

Niedriger Wert = Squeeze (niedrige Volatilität)
Hoher Wert = Expansion (hohe Volatilität)

Trading-Anwendung:

• Historisch niedrige Bandwidth = Squeeze → Breakout bald
• Suchen Sie nach Bandwidth nahe 6-Monats-Tief

Bollinger Band Trading-Strategien

Strategie 1: Der Squeeze Trade

1. Identifizieren Sie einen Squeeze (engste Bänder seit 6+ Monaten)
2. Warten Sie auf Schlusskurs außerhalb der Bänder
3. Einstieg in Breakout-Richtung
4. Stop auf der Gegenseite des Squeeze
5. Ziel: Halte, solange Bänder expandieren

Strategie 2: Mean Reversion

1. Preis berührt/durchbricht äußeres Band
2. Warten auf Umkehr-Candlestick
3. Einstieg in Richtung mittleres Band
4. Ziel: Mittleres Band (SMA 20)
5. Nur in Ranges verwenden!

Strategie 3: Trend-Following mit Bollinger

1. Preis schließt über oberem Band (Aufwärtstrend)
2. Pullback zum mittleren Band (SMA 20)
3. Kaufen bei Bounce vom mittleren Band
4. Stop unter mittlerem Band
5. Ziel: Neue Hochs am oberen Band

Einstellungen optimieren

Bollinger selbst empfiehlt:

• Kürzere Perioden → weniger Standardabweichungen
• Längere Perioden → mehr Standardabweichungen

Häufige Fehler

Kombination mit anderen Indikatoren

• Bollinger + RSI: Preis am unteren Band + RSI überverkauft = starkes Signal
• Bollinger + MACD: Squeeze + MACD-Crossover = Breakout-Richtung
• Bollinger + Volumen: Breakout mit Volumen = zuverlässiger

Praktische Übung

1. Fügen Sie Bollinger Bänder (20, 2) zu einem Chart hinzu
2. Identifizieren Sie die letzten 3 Squeeze-Situationen
3. In welche Richtung erfolgte der Breakout?
4. Suchen Sie einen W-Boden oder M-Top
5. Wie lange lief der Preis am Band während eines Trends?

Kernaussagen dieses Kapitels

• Bollinger Bänder messen Volatilität und passen sich automatisch an
• Squeeze (enge Bänder) signalisiert bevorstehende große Bewegung
• Preis kann in Trends lange am Band entlanglaufen – kein Umkehrsignal!
• W-Böden und M-Tops an den Bändern sind zuverlässige Umkehrmuster
• In Ranges: Mean Reversion zum mittleren Band
• %B und Bandwidth helfen bei der Quantifizierung